Illustrierter Braunauer-Kalender für das Jahr 1904 - Seite 98

Buchtitel
Illustrierter Braunauer-Kalender für das Jahr 1904
Buchbeschreibung
Kalender und Adressbuch für die Gerichtsbezirke Braunau, Mauerkirchen, Mattighofen und Wildshut.
Fortlaufende Paginierung
98
Original-Paginierung
94 (Arabian)
Werbeseite
nein
Kategorie
Hauptteil
URN
urn:nbn:at:AT-OOeLB-1233611
Content
94 und langsam wie das Gleiten einer Schlange. Das Geräusch zog sich in weitem Bogen gegen seine rechte Seite, so daß Ludwig den Eindruck empfing, als suche man ihn von dem Hofe abzuschneiden und im Rücken zu fassen. Rasch entschlossen ging er drei Schritte nach der Seite hin, wo die Schritte neuerdings vernehmbar geworden. Drüben blieb es währenddem stille. Dann regte es sich wieder. Der andere kam offenbar näher. Neue Pause. Wieder ging Ludwig vor. Abermals kam das Geräusch der andern Seite näher. Neuerliche Pause, aber größer als zuvor, bis die Schritte noch näher kamen, ähnlich dem Gebühren zweier Raubtiere, die im dunkeln Urwalde sich zu beschleichen suchen. In großer Aufregung, aber festen Trittes und entschlossenen Mutes ging Ludwig auf sein Ziel los. Noch konnte er nichts sehen, nur das Geräusch der Schritte verriet ihm den Gegner. Nun, im allmäligen Näherkommen, tauchte es wie ein leiser Schatten vor ihm auf. Aus dem Dunkel lösten sich die Umrisse einer hohen Gestalt. Blitzschnell war das jetzt geschehen. Blitzschnell fuhr Ludwig zur Backe und der andere auch. Den vierten Teil einer Sekunde standen sich die beiden Männer, die von einander nichts wahrn hmen konnten, als ihre dunklen Massen, im Anschläge gegenüber, dann drückte Ludwig los. — Dröhnend sank sein Gegner zu Boden. Im heftigen Kampfe schleuderte sich die Riesengestalt noch einmal empor. Dann blieb sie liegen, regungslos, tot. Langsam kam Ludwig näher. Er betastete den Körper und befühlte das Gesicht. Da fuhr's ihm plötzlich zum Herzen, er wußte nicht wie und weshalb. .Es ward ihm, als wäre kein Blut mehr in seinem Körper, keine Wärme und kein Leben, als sei er nur Lust. Ein unaussprechlich unheimliches Gefühl lähmte seine Glieder, mechanisch machte er mit seinem Feuerzeuge Licht — um mit einem Aufschrei, den der nächtliche Wald in zehnfacher Schaurigkeit wiedergab, zu Boden zu schlagen. Im Jrrenhause zu L* befindet sich ein Mann, welcher trotz seiner vierunddreißig Jahre den Eindruck eines Sechzigers macht. Sein Haar ist grau, seine Lippen fahl, seine Gestalt gebrochen. Er erzählt jedem Besucher, daß er von dem Apostel Petrus dazu verurteilt worden sei, seinen eigenen Vater in dunkler Waldesnacht zu erschießen. Dieser Apostel Petrus sei kein anderer, als der berüchtigte Juczi Gera. Aus der Studentenzeit und später. (Neusahrsnacht eines Einsamen.) von Josef sßrmroer. Im Konferenzzimmer des Gymnasiums in Wien waren nach 10 Uhr die Professoren versammelt und besprachen die Sitte des Neujahrwünschens. Der eine äußerte sich in dem, der andere im entgegengesetzten Sinne. Es bildeten sich zwei Parteien; die eine behauptete, man müsse festhalten an diesem alten, gewissermaßen ehrwürdigen Brauche, der so Manchem Gelegenheit gäbe, seine wohlgemeinten Glückwünsche darzubringen, die andere aber war der Anschauung, es wäre kein Schaden, wenn diese Sitte einmal aufhören würde, weil es doch anderswo und nie Gelegenheit genug dazu gäbe, und weil damit zu viel Unfug getrieben würde. Auch kämen die i
 
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