Illustrierter Braunauer-Kalender für das Jahr 1904 - Seite 95

Buchtitel
Illustrierter Braunauer-Kalender für das Jahr 1904
Buchbeschreibung
Kalender und Adressbuch für die Gerichtsbezirke Braunau, Mauerkirchen, Mattighofen und Wildshut.
Fortlaufende Paginierung
95
Original-Paginierung
91 (Arabian)
Werbeseite
nein
Kategorie
Hauptteil
URN
urn:nbn:at:AT-OOeLB-1233588
Content
91 Einige Sekunden herrschte allgemeine Verblüffung, dann zuckte es in diesem und jenem Gesichte wunderlich auf, hierauf zitterte es durch die Luft wie ein leise verstohlenes Kichern und zuletzt brach die geängftigte, verzweifelte Menge in schallendes Gelächter aus. Der Hahnenkamp als Gespenst — der Hahnenkamp — der Hahnenkamp — der Totenkopfzauberer — der Mirakelmacher — Der Kleine duckte sich in tausend Verlegenheiten, mußte aber zuletzt aus seinem Verstecke heraus, um einzugestehen, daß er nächtlicher Weise in das Beinhaus geschlichen, um einen Totenkopf zu nehmen, weil ein mitternächtig gestohlener Totenkopf ein unfehlbares Zaubermittel sei wider Krankheiten und feindliche Künste, daß aber, während er suchte, ein Windstoß die Tür gewaltsam ins Schloß geschleudert habe, so daß er sie mit allen seinen Kräften nicht zu öffnen vermochte, worauf er die Nacht unter höllischen Aengsten in Gesellschaft der Leiche zugebracht. Alles dies mußte ec beichten, um hierauf mörderisch ausgelacht zu werden und für sein ganzes Leben den Spitznamen davonzutragen: „Das Beinhausgespenst." Der welsche Peter aber meinte schmunzelnd, es sei doch wieder einmal erwiesen worden, daß jeglich Ding seine natürliche Ursache habe. )uczi Gera. Ein Gesclüchtchen von G. Hollenegg. Tief drinnen in den Karpathen, wo noch der Bär haust und in strenger Winterszeit der hungrige Wolf sein schauriges Geheul ertönen läßt, tauchte vor einigen Jahren ein gefürchteter Räuber auf. Man sprach nur mehr von ihm, fürchtete nur ihn. Jnczi Gera war der Schrecken der Reisenden am Tage. Er war der Gegenstand der Sorgen für Hausherren bei Nacht. Er überfiel den Reisenden im Walde und stahl das Schaf oder Pferd aus dem Stalle. Und wehe dem Weibe oder Mädchen, das allein in seine Hände fiel. — Juczi Gera trat stets ohne Begleitung auf. Doch war es gewiß, daß er eine förmliche Gesellschaft besaß, Helfershelfer und Hehler. So dehnte der berüchtigte Räuber den Schauplatz seines verbrecherischen Wirkens immer weiter ans, gegen die fruchtbare und bevölkerte Ebene herein. Dörfer und Höfe, welche Jahre lang in Ruhe und Sorglosigkeit gelebt hatten, sahen sich bald zu Vorsichtsmaßregeln genötigt An manchem häuslichen Herde ward ernstliche Zwiesprache gehalten und manches vergessene Gewehr blank geputzt. Ernst und sorgenvoll saßen eines Abends Stefan und sein Sohn Ludwig beisammen. Sie waren beide große, starke Männer, beide mutig, beide entschlossen. „Ludwig, es wird Zeit." — „Noch nicht, Vater." — „Er kann jede Nacht kommen. In Gelacze war er bereits." — Von Gelacze zu uns sind zwei Tagmärsche und er bewegt sich sehr langsam vorwärts. Nicht früher verläßt er eine Gegend, als bis sie vollends ausgeplündert, der Keckling." —„Trotzdem bin ich der Ansicht, mein Sohn, daß wir die Wache beginnen." — „Uebermorgen, mein Vater, morgen, wenn du willst, aber noch nicht heute." — „Auch gut, mein Sohn." 8 !» .
 
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