Illustrierter Braunauer-Kalender für das Jahr 1904 - Seite 57

Buchtitel
Illustrierter Braunauer-Kalender für das Jahr 1904
Buchbeschreibung
Kalender und Adressbuch für die Gerichtsbezirke Braunau, Mauerkirchen, Mattighofen und Wildshut.
Fortlaufende Paginierung
57
Original-Paginierung
53 (Arabian)
Werbeseite
nein
Kategorie
Hauptteil
URN
urn:nbn:at:AT-OOeLB-1233206
Content
M 53 der Zwanziger, am Fuß einer Leiter, von welcher eben eine Drescherin, die wohl Garben zugereicht hatte, herunter steigen wollte, aber von dem Burschen in neckischer Weise immer wieder daran gehindert wurde. Da trat eben der Bauer unter die Scheuertür. „Habe ich dir nicht verboten, du nichtsnutziges, leichtsinniges Ding, dich mit dem da je wieder einzulassen!" Bestürzt blickten die beiden jungen Leute vor sich nieder. „Aber das natürlich könnte dir Passen, und deiner Bettelbrnt, den reichen „Lenzersepv" für dich zu angeln, ja, ja! Aber da will ich vor sein! Du kannst dein Bündel schnüren, sobald du willst", herrschte er die Drescherin an, „und meinen Hof verlassen. Für Leute deines Schlags ist darauf kein Platz!" „Wenn ich auch von armem Herkommen bin," erwiderte das Mädchen schluchzend, „so sind wir noch lange keine Bettelbrut, und was den Sepp betrifft, so Hab nicht ich mich an ihn gemacht, er hat mich geneckt und mit mir gescherzt. Aber wenn ihr so von mir denkt, Bauer, dann bleib ich schon von selber nicht länger auf Eurem Hofe!" „Was, trotzen willst auch noch?" rief der Bauer der schluchzend Davoneilenden nach. „Na wart! Gleich gehst mir aus dem Haus, gleich auf der Stell', oder ich führ' dich selber vom Hofe!" Während dieser erregten Szene stand der junge Bursch, der Sohn des Bauern, da, als ob er mit einem Entschluß ringe. Nun trat er auf den Erregten zu und 'sagte ruhig und ernst: „Seid nicht so hart gegen die Cenzi, Vater! Bin ja doch ichs gewesen, der mit ihr gescherzt hat, was kann sie dafür?" „Ist auch alleweil ein schöner Brauch," polterte der Alte, „daß ein Bauernsohn mit einem solchen hergelaufenen Ding sich abgibt. Ich glaub wohl, für den Sohn des Lenz gäbs noch anständigere Dirndle, wie die da. Es ist wohl Zeit, daß ich mich selber nach einer für dich Umschau, damit du mir nicht so dumme Streiche machst!" „Da braucht Ihr nicht weit zu gehen, Vater," erwiderte der Bursch, „denn, die für mich paßt, ist schon gefunden." „Ei, schau!" rief der Bauer erstaunt. „Und darf man die wohl auch kennen?" „Es ist dieselbe," versetzte Sepp, „die Ihr eben so schmählich beschimpft habt. Darum, ich bitt' Euch, Vater, nehmt Eure Red' von vorhin zurück und sagt ihr, daß sie bleiben soll!" „So so! Willst nicht auch noch haben, daß ich mich hinknieen soll vor der Betteldirne und gar schön bitten, he?" „Wenn man Einem Unrecht getan hat, muß man ihn freilich bitten," sagte Sepp. „Ihr sagt wohl davon, daß sie arm ist; aber wie treu und fleißig sie ist, wie ihr alles gerät, davon sagt Ihr nichts. Ich will keine andere zur Lenzhofbäuerin machen, wie sie, und ich wünsche, daß sie wieder bleibt." „Ha, und sonst nichts?" lachte der Lenzenbauer auf. „Zum Gespött der Leut' willst mich wohl machen, daß sie sagen, der Lenz sei in seinen alten Tagen ein Narr worden. Nein, nun und nimmermehr. Auf der Stelle muß sie mir aus dem Haus." „Nun," entgegnete Sepp, und in seinen Augen stammte es entschlossen auf, „wenn ihr so seid, so geh' ich mit ihr." „Dann geh', der Lenzenhof wird ohne dich auch nicht zugrunde gehen." Der Vater wandte sich dem Hause zu; mit finsterem Trotz sah Sepp ihm nach. Dann raffte er sich auf und ging ebenfalls ins Haus. Er stieg zu seiner Kammer hinauf und begann aus dem dort stehenden Schrank und einer Truhe seine besten Sachen zusammenzusuchen. Diese verpackte er zum Teil in ein großes Bündel, :
 
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